Bon dia! Com està?
Oha, die Beteiligung beim letzten NomNom Nom war ja nicht sehr groß... Ich hoffe mal, es liegt einzig und alleine daran, dass hier in letzter Zeit nicht mehr soviel Neues passiert ist... :( das tut mir zwar leid, doch muss man ja bedenken, dass ich erst wieder verreist war und mich nun inmitten der Golden Week befinde, der Ferienhölle Japans!! Vorgestern hatten wir über 6000Besucher im Little World und die Momente um durchzuatmen gab es in den letzten Tagen quasi nicht... Am letzten Mittwoch, sogar schon vor der ganzen Geschichte hat mich leider mein Kreislauf und später auch meine Gefühlskontrolle komplett verlassen.. (was auch der Grund für die ausfallende Radiosendung gewesen ist, es tut mir ehrlich sehr sehr leid!!!) Ich schreibe das hier nicht, weil ich euer Mitleid will, sondern weil ich ursprünglich mal im Sinn hatte, meine Erlebnisse in Inuyama mit all ihren guten und schlechten Seiten hier festzuhalten. Ich bin momentan einfach körperlich total am Ende und langsam dämmert es mir doch, dass die Ärzte hier mit ihrer Diagnose im Januar (bis auf das hinzukommende anfängliche Schilddrüsenproblem) recht hatten... Ich bin hoffnungslos überarbeitet. So Vieles verdränge ich hier zu Gunsten der Harmonie auf Arbeit, was mir aber doch irgendwo zu schaffen macht und meinen Körper extrem stresst... Die Menschenmassen, die morgens reinstürmen und an dir vorbeiziehen und vor denen du zwanghaft zu lächeln hast beklemmen mich mittlerweile... Die steten Vorbeiflüge großer Militärflugzeuge und deren Lautstärke lassen mich zusammenzucken und mich ducken, als hätte ich schonmal nen Krieg miterlebt (ich hatte sowas nie in Deutschland). Auch die riesigen Hornissen und Bienenarten die sich täglich in den Laden verirren stimmen mich ängstlich, sowie das Problem, dass ich aber doch schonmal erwähnt hatte: Die Erbebenangst, bzw. die lähmende Furcht die jedesmal in mir hochkommt, nur wenn der Boden durch ein vorbeifahrendes Auto vibriert. Es muss sich so vollkommen übertrieben für Euch anhören und ich rede es mir auch jedesmal selber wieder schön, aber im Grunde wirken all diese Dinge jeden Tag auf mich ein und ich stehe sie aus, obwohl ich am liebsten weglaufen würde. Man muss sogar sagen, dass diese ganze Geschichte in ihrer Subjektivität doch vielleicht nicht so stark dasteht, wenn man bedenkt, dass meine französische Mitstreiterin am Wochenende auch nen halben Zusammenbruch auf Arbeit erlitten hat... In diesen Punkten denken und fühlen wir anscheinend genau gleich (u_u)...
Im Moment denke ich sehr stark über diese Arbeit hier nach. Ich habe es unterschätzt, wie schwer es doch sein kann, jeden Tag immer dieselben Worte runterbrabbeln zu müssen, den Körper durch stete Bewegung zu belasten und zu jedem freundlich sein zu müssen... auch immer und immer wieder dieselben "Komplimente" von den Leuten hören zu müssen. Das ist total paradox, ich weiß es, aber wenn du jeden Tag 1000mal "Oooh, Mecha Kawaaaiiiiiii!" hörst, denkst du dir auch nur noch (entschuldigt bitte,)"Haltet doch mal die Fresse...!". ... Es kommt in dem Moment einfach nicht mehr authentisch in meinem Kopf und Herzen an, sondern nur noch als nervtötend...
Ein anderer Faktor nochmal: Die Angst, dass dir hier keiner hilft... Das französische Mädel ist auf Arbeit einfach umgefallen und konnte sich kaum noch rühren, aber denkt ihr, hier würde man einen Arzt rufen? Nichts da. Man misst einmal Fieber, schleift sie mit kaltem Lappen auf der Stirn ins Sani- Zimmer und parkt sie da für zwei Stunden. Danach darf sie weiterarbeiten, nur um im Kostümzimmer den nächsten Zusammenbruch zu erleben... Spätestens jetzt ist mir klar dass die hier ne echte Vollmeise haben (meine Meinung!) und ich bin froh, dass ich mir einfach eine Auszeit genommen habe, als ich sie brauchte. Meine Arbeitskollegen (nicht im Märchenwaldshop!) denken teilweise sogar (Zitat:) "Nunja, ihr seid halt keine Japaner...". Ja echt? Hab ich noch garnicht gemerkt...
Wirklich sehr nett. Ich weiß dass ich im Ausland bin und die Denkweise anders, nur mein Gefühl sagt mir im Moment dass ich für das, was ich hier leisten muss sicherlich 2 Jahre weniger lang leben werde; sehr makaber aber so fühle ich mich gerade. Heute habe ich nach 4 Tagen mit nie weniger als 3000Besuchern mal einen Tag frei, ab morgen erwartet mich dann der "PEAK" der Golden Week, wieder 4 Tage arbeiten und dann einen frei. Wenn ich etwas gesünder wäre würde es mir wahrscheinlich nicht soviel ausmachen, das weiß ich. Mein momentaner Arbeitsalltag ist aber geprägt durch einen schmerzenden Rücken und vor allem Schultern und Nacken. Kopfschmerzen habe ich schon keine mehr, die äussern sich nur noch als Schwindel, mir ist IMMER schwindlig!!! Wenn ich nach der Arbeit im Kostümzimmer zum Haupteingang zurückkomme, um die Leute zu verabschieden kann ich mittlerweile nicht mehr stehen. Ich darf es bestimmt nicht, aber ich setze mich auf einen Stuhl und verabschiede die Leute... Aber so sind Japaner (nur hier?) eben: Sie stört es bestimmt, aber man sagt nichts (immer schön schlucken, ne!).
Es kommen ganz viele Faktoren zusammen, die diese Gefühle und Beschwerden bei mir auslösen, bei facebook ist es ja sicherlich auch schon durchgedrungen, dass mein Nachbar mich in den Wahnsinn treibt mit sehr lauter (Techno-) Musik und Gesang... Wenn ich nicht rübergehe und klingele macht er sie auch die ganze Nacht durch nicht aus. Der Vermieter hat mittlerweile einen 2ten Brief rausgeschickt, dass man das unterlassen soll, aber mit IHM persönlich redet keiner... die anderen Nachbarn um ihn rum "halten es ja auch aus". Nur die dumme Ausländerin beschwert sich. (._.)"... Und die Reaktion des Little World Büros ist auch interessant: "Hm naja, wenn er nicht aufhört, dann musst du halt das Zimmer wechseln...". Mich erzürnt das so sehr, das könnt ihr Euch nicht vorstellen. Dieser Mistkerl terrorisiert mich und ICH soll ABHAUEN? ... Das werde ich an Japan nie verstehen, geschweige denn akzeptieren können. (u_u)"
Und was mir auch ein bisschen zu schaffen macht: Ich habe heute frei, aber ich kann nichts unternehmen, weil mir das Geld fehlt. Letzten Monat wurden uns ganz plötzlich die Busfahrkarten gestrichen- Man konnte mit diesen umsonst fahren, indem man sie einfach nur an ein Touchpanel im Bus gehalten hat... Nun müssen wir von unserem eigenen Geld die Fahrten bezahlen und Listen ausfüllen, einen Monat später bekommen wir das Geld zurückgezahlt... man muss sich mal überlegen, dass die Fahrten jeden Tag 960Yen ausmachen, also ein ganzer Monat mit 30Tagen 28,800Yen- Wir können auch so plump und pi mal Daumen sein und das einfach als 288Euro ausschreiben... Es ist einfach zuviel, es stresst mich. Ich muss mir ausrechnen, wieviel Geld ich für Essen ausgeben kann, momentan nur 1000Yen jeden Tag (10Euro)... es ist nicht schön... und ich werde es auch ansprechen, wenn ich morgen auf Arbeit die Fahrtkostenrückzahlung beantrage/abgebe... Dann muss ich eventuell damit rechnen wieder die stressmachende Ausländerin zu sein, doch ich muss mir um meines Gesundheitzustandes Willen nun doch etwas mehr Freiheiten rausnehmen, ich kann nicht mehr "schlucken".
Ich bin grade sehr froh, dass ich mir hier etwas Luft machen kann und würde mich freuen, wenn ihr meine Erlebnisse hier ganz objektiv auf Euch wirken lasst... sicherlich sind das keine allgemeinen Punkte, die das Bild dieses Landes prägen sondern meine Erfahrungen und Empfindungen hier unter diesen aktuellen Lebensumständen. Was ich mir von dieser Niederschrift wünsche und erhoffe ist, dass ich vielleicht von Euch doch noch ein Feedback erhalte und auch mit der "Mir-selbst-Vorführung" einen klareren Blick darauf verschaffen kann, was ich vor den Ausrichtenden dieses Programmes vortragen möchte, um den Aufenthalt für die folgenden Leute angenehmer zu machen. Ich habe viel gegrübelt, wie meine Vorgängerinnen die Bedingungen hier wohl empfanden oder es ohne große körperliche Beschwerden geschafft haben, das durchzustehen... Dabei ist mir aber auch bewusst geworden (anhand der täglich vorliegenden Besucherzahlen), dass beispielsweise die Mädels aus dem letzten Jahr dieses stressige Zeit um die Golden Week jetzt garnicht miterlebt haben, durch das Erdbeben und die ganze Fukushima- Geschichte wurden sie ja nach Hause gerufen.. (._.) )... Aber das soll keine Anprangerung/Kritik sein, sondern ist auch nur ein Gedankengang meinerseits in meinen momentanen Selbstzweifeln. "Warum bin ich so schwach?". "Warum ist mein Körper so scheisse und schafft das nicht, andere schaffen es doch auch?". "Warum bin ich so eine Memme und nicht hart genug?".
Ich versuche nicht so selbstzerstörerisch zu denken, aber es sind Fragen, die ich mir stelle, wenn ich an meine Grenzen stoße.
Zum Schluß noch ein paar Wünsche, die ich für die kommenden Leutchen habe:
- Erhalten einer Buskarte
- evtl. Kürzung des Geldes aber dafür auch einen Tag am Wochenende frei, um Freundschaften knüpfen zu können und Partys erleben zu können, auf Konzerte gehen zu können
- Einen Ansprechpartner im Little World Büro, der einfaches Japanisch spricht, bzw. sprechen will (oder eben Englisch...), denn manche hier wollen/können(?!) nur in äußerst höflicher Sprache sprechen und das macht die Erklärungen sooooo unverständlich und mühselig ;_;
- rechtzeitiges Mitteilen von Änderungen der Busfahrzeiten (Inuyama Bahnhof -> Little World)
- mehr kreative Arbeitsmöglichkeiten, nicht jeden Tag dasselbe, vielleicht mehr Werbeaktionen/ Ausfahrten an großen Bahnhöfen (Nagoya, etc. )
Nach diesem etwas... "härteren" Post werde ich heute auch noch was Fröhlich- buntes nachreichen, ob es euch auch gefällt ist natürlich eine andere Frage *g*. Ich halte die Ohren steif, denn es stehen auch wieder schönere Zeiten ins Haus... im Juni besucht mich meine Ma <3 ...und ich habe mir ja schließlich vorgenommen noch was zu nähen und das World Cosplay Summit zu besuchen... und es sieht so aus, als dürfte ich wieder singen! ;)
Gokigen yo! Bis bald,
eure Tsu